Erinnerungen Hanna Reuters an ihren Besuch im KZ Lichtenburg, um 1954
In einer nachträglichen Betrachtung erinnerte sich Hanna Reuter an ihren Besuch Ernst Reuters im Konzentrationslager sowie an die Geschehnisse danach.
Einmal hatte ich mir - was sonst kaum möglich war - durch die Hilfe vieler ausländischer Bürgermeister die Möglichkeit verschafft, ihn besuchen zu können. Ich durfte nur mit ihm über eine Wohnungsgelegenheit sprechen. Er wurde in das Vorzimmer geholt von 2 SS Soldaten. Ich sass im Nebenzimmer um zu rasten. Ich trat zwischen die Tür und rief ihn an. Als er mich hörte und sah, fiel er in eine Ohnmacht, die selbst die SS Leute erschütterte. Als er zu sich kam, brachte man ihn zu mir ins Sprechzimmer. Der Beamte nahe bei uns. Er war in Sträflingskleidung und kahl geschoren
Also nicht wie die übrigen politischen Gefangenen, die ihre eigene Kleidung hatten. Er sah sehr schlecht aus. Keine 10 Minuten konnten wir sprechen und nur über das eine bestimmte Thema (das uns selbstverständlich garnicht wichtig war). Man führte ihn vor mir ab. Ich ging ebenfalls in Begleitung eines guten Bekannten hinter ihm her, rief ihn noch an, aber da er nicht den Kopf wenden durfte, winkte er nur mit den Händen, die er auf dem Rücken tragen musste.
Als ich nach Magdeburg zurückkam, beschloss ich sofort nach Berlin zu fahren. Noch am Abend - ich habe das damals in meiner Verzweiflung als eine wirkliche Fügung des Himmels empfunden – kam eine Karte von unserer alten Freundin, Miss Elsie Howard, dass sie 2 Tage später in Deutschland sein werde mit Corder Catchpool, dem damaligen Leiter der englischen Quäker in Deutschland, meinen Mann besuchen werde und wisse dass sie ihn über Hanfstängl (das war gegen Himmlers Willen aber Hanfstängl legte grosses Gewicht darauf aussenpolitisch für das Regime Reklame zu
machen) aus dem Lager herausbekommen werde. Ich traf Miss Howard in Berlin bei Frau Lisa Albrecht u.d. bayr. Landtags [unleserlich] und erzählte ihnen, dass ich bei Frau Lüdemann durch einen entlassenen Lichtenburger gehört habe, ich müsse alles tun, um meinen Mann zu retten. Elsie Howard sagte, dass sie voller Hoffnung sei und tatsächlich wurde mein Mann anlässlich einer Gnadenamnestie Hitlers ich glaube zu Hindenburgs Gedächtnis ungefähr Anfang September entlassen. Er telegraphierte mir nach Magdeburg und ich holte ihn vom Bahnhof, sehr elend aussehend und abgemagert ab. Er sagte, er habe sich eine sehr schlimme Erkältung geholt, legte sich ins Bett und hatte Fieber und sehr starken Husten.“ [...]








