Vier Leben in einem:
Eine biografische Würdigung Hanna Reuters
Während die Erinnerung an Ernst Reuter, den legendären Berliner Oberbürgermeister zur Zeit der sowjetischen Blockade 1948/49, in der Stadt immer noch präsent ist, lässt sich das über seine zweite Ehefrau Hanna Reuter (1899-1974) nur schwerlich behaupten. Hanna Reuter – die Nennung des Namens ruft beim Gegenüber höchstens ein unwissendes Schulterzucken als Reaktion hervor. Doch die Biografie des ungleich berühmteren Mannes wäre kaum zu verstehen, würde man in ihr nicht auch der Ehefrau einen zentralen Platz einräumen. Ernst Reuter sah dies sehr ähnlich: „Wenn sie auch nicht in Erscheinung tritt“, so äußerte er sich 1952 in einem Interview, „ist sie doch ein wichtiger Bestandteil des Regierenden Bürgermeisters“. Bei dieser wertschätzenden Aussage handelte es sich, wenn wir beider Leben etwas genauer betrachten, sogar noch um eine Untertreibung.
Die Ausstellung „Vier Leben in einem“ ist aus Anlass des 50. Todestags von Hanna Reuter entstanden. Anhand ausgewählter Briefe, Tagebucheinträge, Fotografien, Ton- und Filmausschnitte soll ihre bedeutende Rolle im Leben ihres Mannes sowie ihr Beitrag zu dessen politischer Karriere beleuchtet werden. Hanna Reuter kann als ein anschauliches Beispiel dienen, wie es vielen Frauen herausragender politischer Persönlichkeiten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erging, deren Einfluss oft im Verborgenen blieb. Ein Blick auf ihre Biografie hilft uns also, den Werdegang und das Denken dieser Frauen besser zu verstehen und sie ein Stück weit aus dem Schatten der berühmten Männer herauszuholen.
Wer sich näher mit Hanna Reuters Leben beschäftigt, begegnet einer überaus selbstbewussten Frau mit einem klaren sozialdemokratischen Kompass. Nicht von ungefähr verstanden sich die Ehepartner in dieser Frage auf Augenhöhe, auch wenn ihre öffentlichen Funktionen freilich sehr unterschiedlich gelagert waren. Der Titel „Vier Leben in einem“ versucht, die wichtigsten Facetten im Lebensweg Hanna Reuters zu fassen: Sie war nicht nur Ehefrau und Mutter, sondern gleichfalls eine politisch engagierte Frau, ab 1948 „First Lady“ Berlins mit zahlreichen gesellschaftlichen Verpflichtungen sowie schließlich die resolute Bewahrerin des Erbes ihres 1953 verstorbenen Mannes.
Naturgemäß kann eine Ausstellung keineswegs sämtliche Fragen beantworten. Vieles Weitere ließe sich über Hanna Reuter sagen. Abgesehen von einem Aufsatz der Historikerin Merle Büter, der 2017 im Jahrbuch des Landesarchivs Berlin erschien, steckt die biografische Forschung über sie noch in den Anfängen. Insofern möchten die folgenden Seiten anregen, informieren und dazu einladen, sich weiter mit Hanna Reuter zu befassen.
Konzeption: Paloma Sedlmayr und Leonie Steger
Recherche: Paloma Sedlmayr
Fachliche Beratung: Dr. Michael C. Bienert und Merle Büter
Gestaltung: Ute Langbein