Kapitel 4.3
First Lady Berlins
Hanna Reuter wurde als Ehefrau des Regierenden Bürgermeisters zur First Lady Berlins. Dieser Begriff, der eigentlich den Ehepartnerinnen von Staatsoberhäuptern vorbehalten ist, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, doch angesichts des Umstandes, dass die Stadt nicht in den Geltungsbereich des Grundgesetzes aufgenommen war, erhielt das Amt des Stadtoberhaupts eine herausgehobene Bedeutung: Der Regierende Bürgermeister war oberster Repräsentant der Halbstadt und in gewissem Sinn auch Außenpolitiker, die Ehefrau damit die First Lady.
Ehefrauen von Politikern erfüllten in den 1950er und 1960er Jahren meist die Rolle der repräsentativen Begleitung. Auch Hanna Reuter trat als First Lady Berlins oft an der Seite ihres Mannes in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Zudem übernahm sie eine Vielzahl ehrenamtlicher Aufgaben, die es ihr ermöglichten, in einigen Bereichen aus der passiven Rolle herauszutreten. Sie engagierte sich für wohltätige Zwecke wie die Ostflüchtlingshilfe und sie war die Vorsitzende des Berliner Landesausschusses des Deutschen Müttergenesungswerkes. Zu ihren Aufgaben gehörte die Mitorganisation von Spendensammlungen und Wohltätigkeitsveranstaltungen, das Verfassen von Dankesschreiben an Spenderinnen und Spender sowie die Beantwortung von Anfragen, Bitten und Hilfsgesuchen. Darüber hinaus kümmerte sie sich um die Vermittlung von Frauen, oftmals Kriegswitwen, zur „Mütterverschickung“.